
Jedes Jahr im Mai steht für den fünften Jahrgang am Gymnasium Walsrode die Wahl der zweiten Fremdsprache auf dem Programm. Und fast jedes Jahr begegnet uns Lateinkolleginnen und -kollegen bei der Beratung zu dieser Wahl eine ganz bestimmte Frage:
„Warum sollte man Latein und damit eine tote Sprache lernen?“

Mit einem Schmunzeln antworten wir dann: „Latein ist sehr viel lebendiger, als manch einer zu wissen glaubt!“
Als Beleg für diese Aussage schauen wir gemeinsam auf den gewöhnlichen Vormittag eines Schülers:
„Früh morgens hole ich mein Fahrrad aus dem Keller (cella – Keller), fahre in die Schule (schola – Schule) und suche meine Klasse auf (classis – Klasse). Im Matheunterricht (mathematica – Mathematik) schauen wir zunächst ein Lehrvideo (video – ich sehe) und üben dann das Addieren von Zahlen (addere – hinzufügen). Anschließend halte ich im
Musikunterricht (musica – Musik) ein Referat (referre – vortragen) mit dem Computer (computare – rechnen). Ich bekomme eine gute Zensur (censura – Begutachtung) und belohne mich in der Mensa (mensa – Esstisch) mit einem Magnum-Eis (magnus – groß).
Offensichtlich umgibt uns das Lateinische überall und lebt so ganz selbstverständlich und oft unbemerkt in unserem alltäglichen Sprachgebrauch weiter.
Aber zurück zur eigentlichen Frage: „Warum Latein lernen?“ Hierfür gibt es viele gute Argumente! An dieser Stelle beschränken wir uns auf jene fünf, die uns besonders wichtig erscheinen:

Völlig zurecht wird Latein auch als regina linguarum (Königin der Sprachen) bezeichnet. Schließlich sind mit dem Spanischen, Italienischen, Französischen und Portugiesischen einige der weltweit bedeutsamsten Sprachen direkt aus dem Lateinischen hervorgegangen. Um zu erkennen, wie eng diese romanischen Sprachen bis heute mit ihrer mater (Mutter) verbunden sind, reicht bereits ein Blick auf die erste Seite des jeweiligen Wörterbuchs:
Aber auch die englische Sprache speist ihre Vokabeln zu ca. 60% aus dem Lateinischen. So überrascht es beispielweise nicht, dass die weltberühmte statue of liberty in New York auf Latein statua libertatis heißt. Latein als Muttersprache Europas bietet uns also eine hervorragende Grundlage für das Erlernen vieler Sprachen und eröffnet uns damit zahlreiche Perspektiven für unsere Zukunft

Das Übersetzen lateinischer Texte in „angemessenes Deutsch“ ist der zentrale Inhalt unseres Unterrichts. Indem sich die Schülerinnen und Schüler dabei intensiv mit der Suche nach geeigneten Formulierungen im Deutschen beschäftigen, verbessern sie gleichzeitig ihre sprachliche Vielseitigkeit und ihren Wortschatz. Durch die Analyse anspruchsvoller Satzstrukturen erarbeiten sie sich am Modell der lateinischen Grammatik auch ein tieferes Verständnis der deutschen. So berichten Lateinschüler immer wieder, die deutsche Grammatik erst so richtig im Lateinunterricht verstanden zu haben. Ebenso lernen die Schülerinnen und Schüler, deutsche Fremd- und Lehnwörter auf ihren lateinischen Ursprung zurückzuführen, wodurch sie diese sicherer verwenden und anspruchsvolle deutsche Texte leichter verstehen können. Wer Latein lernt, schult also immer auch seine Kompetenzen in der deutschen Sprache.
Dass das Fach Latein in besonderer Weise das logische Denken fördert, ist eine weit verbreitete Meinung. Zugegeben lässt sich dies jedoch nur schwer nachweisen. Unbestritten ist hingegen, dass gerade beim Übersetzen lateinischer Texte die Fähigkeiten zum ausdauernden und konzentrierten Arbeiten geschult werden. Jede Unterrichtsstunde bietet den Schülerinnen und Schülern kleine Rätsel und Knobelaufgaben, die durch das genaue Analysieren und Kombinieren von Informationen gelöst werden können.
Im Lateinischen kann bereits ein einzelner Buchstabe die Bedeutung eines Wortes entscheidend verändern: videt – er sieht; vidit – er hat gesehen. Deshalb nehmen wir uns bei der Übersetzung der lateinischen Texte Zeit für die notwendige Ruhe und Genauigkeit. So kann der Lateinunterricht mit Hilfe moderner und motivierender Methoden ein fokussiertes und effektives Arbeitsverhalten schulen, von dem die Schülerinnen und Schüler in sämtlichen Fächern profitieren.
Durch die intensive Beschäftigung mit der Antike als Blütezeit der lateinischen Sprache lernen die Schülerinnen und Schüler die Ursprünge unserer europäischen Kultur kennen. Bis heute sind die Einflüsse der Römer, die vor etwa 2000 Jahren den Großteil Europas beherrschten, vielerorts mühelos erkennbar. So bildet in fast allen europäischen Staaten das römische Recht die Grundlage für die jeweilige Rechtsordnung und auch die europäische Literatur, Kunst und Architektur greift bis heute immer wieder Motive der Antike auf. Im Lateinunterricht begegnen die Schülerinnen und Schüler somit einer faszinierenden und auf den ersten Blick fremd anmutenden Kultur, die sich auf den zweiten Blick jedoch als gemeinsame Wurzel des heutigen Europas entpuppt.
Latein ist nicht nur die Grundlage europäischer Sprache und Kultur, sondern auch seit Jahrhunderten die Sprache der Wissenschaft. Folglich sind Lateinkenntnisse für eine Vielzahl von Studiengängen nützlich bis unabdingbar. Dies gilt vor allem für das Studium von Sprachen, Kultur- und Literaturwissenschaften, aber auch für Theologie, Philosophie, Geschichte, Archäologie, Kunst und Musik. Und auch wer einmal Medizin oder Jura studieren möchte, kommt aufgrund der international gültigen Fachterminologie nicht an Latein vorbei.
In welchem Umfang die Lateinkenntnisse vorausgesetzt werden, ist häufig abhängig von der jeweiligen Hochschule. Die Erfahrung zeigt aber, dass es mit vergleichsweise größerem Aufwand verbunden ist, das Latinum erst während des Studiums nachzuholen.
Unsere Lateinschülerinnen und -schüler
beginnen ab Jahrgang 6 mit einer ca. 3,5-jährigen Spracherwerbsphase mithilfe eines didaktisch aktuellen Lateinbuchs (PONTES) mit schülerrelevanten spannenden Inhalten. Das Buch enthält den kompletten Lehrgang und wird als eigenes Exemplar angeschafft.
können, wenn sie unser Gymnasium ab Jahrgang 11 besuchen, einen dreijährigen Lateinlehrgang mithilfe eines aktuellen Lehrwerks (BREVIA) belegen.
haben in Jahrgang 9 die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Austauschprogramm nach Valdemoro in Spanien, bei dem sie sich u.a. durch den Besuch antiker Stätten auf den Spuren der Römer begeben können.
lesen ab Klasse 10 Originallektüre mit thematischen Schwerpunkten und den Textsorten Prosa und Dichtung.
werden bei der Belegung in der Oberstufe jeweils in der Regel in einem jahrgangsgleichen Kurs unterrichtet. Sie können dabei zwischen grundlegendem (P4, P5) und erhöhtem Niveau (P1-3) wählen oder auch nur ihre Stundenverpflichtung mit Latein abdecken.
können folgende Abschlüsse erhalten:
a)Latein als zweite Fremdsprache ab Klasse 6:
-„Kleines Latinum“ nach Klasse 10
„Latinum“ nach Klasse 11
„Großes Latinum“ nach Jahrgang 12.
b)Latein als dritte Fremdsprache ab Klasse 11:
„Kleines Latinum“ nach Jahrgang 13
„Latinum“ mit Abiturprüfung in Latein nach Jahrgang 13
Die Wahl von Latein als Fremdsprache ist der bequemste Weg, ein Latinum zu erwerben – ohne eine besondere Abschlussprüfung. Allerdings muss am Ende des jeweiligen Lateinlehrgangs mindestens die Note „ausreichend“ bzw. „05 Punkte“ erreicht werden.

Von Walsrode nach Valdemoro
Ohne Spanischkenntnisse auf einen Austausch nach Spanien?
Diese Frage mussten sich viele Lateinschüler des 9. Jahrgangs des Gymnasiums Walsrode stellen, als sie die Möglichkeit bekamen, an einem Schüleraustausch nach Spanien teilzunehmen.
Der Schüleraustausch mit der IES Neil Armstrong in Valdemoro findet dieses Jahr erstmals statt, um auch den Lateinschülern eine Möglichkeit zu bieten, an einem Sprachaustausch teilzunehmen. Zudem erhielten einige Schüler aus den Spanischklassen die Chance, sich an diesem Austausch zu beteiligen (unter anderem wir).
Vom 22.4. bis zum 29.4.24 kam eine Gruppe von 25 spanischen Austauschschülern mit zwei Lehrerinnen zu uns nach Walsrode. In dieser Woche unternahmen wir viele gemeinsame Aktivitäten. Unter anderem standen Tagesausflüge nach Hamburg, Bremen, Hannover und in den Weltvogelpark auf dem Programm.
Trotz der Sprachbarriere verstanden wir uns sehr gut und knüpften viele neue Freundschaften. Die meiste Zeit kommunizierten wir in Englisch und verbesserten so unser Sprachgefühl, wie auch unseren Wortschatz. Wir Schüler aus den Spanischklassen hatten auch die Möglichkeit, unsere spanischen Sprachkenntnisse unter Beweis zu stellen. Was uns dabei sofort auffiel, war die enorme Geschwindigkeit, in der die Spanier miteinander sprachen. Allgemein waren die Spanier sozial sehr aktiv und führten ein sehr enges und vertrautes Verhältnis zu ihren Lehrern. Auch untereinander verstanden die spanischen Schüler sich gut. Daher trafen wir uns abends nach dem aufregendem Tagesprogramm regelmäßig und blieben noch lange auf, wobei uns die Spanier mit ihrer Energie und Ausgelassenheit überraschten.
Insgesamt ist der Austausch eine großartige Möglichkeit neue Menschen und Kulturen kennenzulernen. Einen Austausch wie diesen können wir auf jeden Fall allen Schülern weiterempfehlen.
Wir freuen uns nun auf das Wiedersehen mit dieser tollen Gruppe vom 4.6. bis zum 11.6.24 in Valdemoro, um bei hochsommerlichem Wetter eine weitere ereignisreiche Woche mit den Spaniern zu genießen.
Bennet Ole Sophia
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